Samstag, 29. Juli 2023

Irak ab dem 26.6.

 Weiter ging es nach Babylon, der alten Stadt die ich zumindest aus dem Geschichtsunterricht kennen sollte. Was ich vorher nicht wußte ist, dass es auch den Palast des Saddam Hussein hier gibt. Ich darf auf dem Parkplatz der riesigen Anlage übernachten und traf gleich mal eine Familie aus Frankreich, die mit 5 Personen unterwegs sind mit dem Wohnmobil. Seit ca zwei Jahren in Europa und den GCC-Staaten reisen sie und sind jetzt auf dem Heimweg. Die Kinder machen Online-Schule und fühlen sich offensichtlich wohl dabei. Auf die Frage, was sie am meisten vermissen kamen die Antworten: meine Freunde und unseren Swimmingpool. Gut, bei den Temperaturen kann ich die Antwort „Swimmingpool“ durchaus verstehen. 

Am Spätnachmittag ging ich zum Palast und war nicht nur schwer beeindruckt von diesen Räumlichkeiten, die im Übrigen komplett ausgeräumt und die Installationen abgebaut sind, andererseits aber ist der Prunk der hier früher herrschte nicht zu vereinbaren mit den Baracken, in denen teilweise die Einheimischen wohnen. Hier sieht man deutlich, wohin die Millionen aus den Erdölgeschäften hingeflossen sind. 

 









 

 

 














 

 

Heute ist der Irak an 60. Stelle im Rang der reichsten Länder der Welt. USA übrigens an erster und China an zweiter Stelle. Na jedenfalls werde ich hierbleiben und mir das alte Babylon, das z.T. noch ausgegraben wird und z.T. bereits restauriert ist, ansehen.

 

Dienstag, 27.6. bis Freitag, 28.7.

Schon wieder ein schwarzer Tag. Was nicht hätte passieren dürfen ist passiert. Ich hatte mir vor 4 Jahren alle 4 Sehnen der rechten Schulter gerissen und nur drei konnten wieder per Anker befestigt werden. Eine Sehne hatte sich bereits vor der OP soweit zurückgezogen, dass sie nicht mehr lang genug war. Meine große Angst war, dass ich mir nochmals eine der drei Sehnen reiße und diese dann nicht mehr befestigt werden kann. Dann wäre möglicherweise meine Reise hier und jetzt beendet.

Ich war duschen und stellte fest, dass die Wasserpumpe weiterhin pumpte. Beim Verlassen des Badezimmers sah ich auch gleich Wasser unter der Sitzbank hervorkommen. Sofort habe ich die Pumpe ausgeschaltet und das Wasser beseitigt soweit möglich. Nach dem Anziehen bin ich zur hinteren Stauklappe gegangen, öffnete diese und sah die Bescherung. Das Filtergehäuse des Keramikfilters war undicht. Also wieder tauschen, kennt man ja schon, wenn man seit drei Jahren auf Reisen ist. Eimer darunter stellen, Filtergehäuse lösen und abnehmen. Leider kommt dann Wasser heraus das in diesem Fall mal die Leiter herunterlief und diese rutschig machte. Zumindest kann ich mir nicht anders erklären, warum ich beim Herunternehmen des Filtergehäuses mit samt dem Filter von der Leiter gefallen bin direkt auf die rechte Schulter und auf mein rechtes Handgelenk (das bemerkte ich allerdings erst später). Ein lauter Schrei (Scheisse) rief gleich sämtliche Mitarbeiter des Museums sowie die Familie aus Frankreich, die ebenfalls auf dem Parkplatz übernachteten, zu mir. Der französische Reisende half mir noch, mein Filtergehäuse zu tauschen und vorher hatte seine Frau mir beim Umziehen geholfen, denn von Sturz war meine Kleidung nicht nur naß sondern auch schmutzig. Nachdem ich mich soweit beruhigt hatte – was einige Zeit in Anspruch nahm – rief man den Krankenwaren und Mohamed, ebenfalls ein Mitarbeiter des Museums, fuhr mit mir zum öffentlichen Krankenhaus. Hier möchte man nicht unbedingt liegen, eine Frage an die behandelnde Ärztin bestätigte dies auch. Sie antwortete auf meine Frage, wo sich die Ärzte aus dem Irak operieren lassen: in Deutschland. Alles klar. Auf dem Röntgenbild war deutlich zu sehen, dass nichts gebrochen war. Wobei, das hätte ich von vornherein laienhaft ausschließen können. Dann ging die Fahrt weiter zum privaten Krankenhaus um ein MRT machen zu lassen. Die privaten Krankenhäuser haben meistens erst am Nachmittag geöffnet, weil die Ärzte morgens in den staatlichen Krankenhäusern behandeln. Der Orthopäde hier sah sich die MRT-Bilder an – nachdem ich 100 Euro hierfür gezahlt hatte – und kam zu dem Ergebnis, dass eine Sehne gerissen ist. Meine Entscheidung war nun, diese wieder hier im Irak anbringen zu lassen. Nach einigem Hin und Her, Einschalten der Botschaft (danke für die gute Beratung, die Hilfestellung und die seelische Unterstützung, so hatte ich bisher Botschaften noch nicht kennengelernt, ein dickes Lob an dieser Stelle) und telefonieren mit der Versicherung kam ich zu der Entscheidung, die Operation in Deutschland machen zu lassen. Ein Anruf in der Klinik in Beckum und ich hatte schnell einen Vorstellungstermin sowie einen OP-Termin einige Tage später gebucht. Unter Schonhaltung – kannte ich ja schon von damals – packte ich meine Reisetasche mit dem Nötigsten, denn Zahnpaste und Duschgel gibt es auch in Deutschland und Waschmaschinen ebenfalls, denn ich wollte mich bei meiner Familie einquartieren. Ein Flug war schnell gebucht und am Samstag dem 1.7.2023 betrat ich nach ca. 1 Jahr wieder deutschen Boden. Mohamed hatte mich am Abend vorher mit zu sich nach Hause genommen nachdem wir den KAT auf dem Garagenhof des Museums sicher abgestellt hatten. Dort habe ich übernachtet und Mohamed hat mich morgens zum Flughafen gebracht. Mein Sohn holte mich vom Flughafen ab und ich quartierte mich bei ihm, seiner Freundin und meinem Enkelkind von einem Jahr ein. Der Kleine kannte mich nicht, das änderte sich dann allerdings in den nächsten Wochen.

Weitere Telefonate mit der Krankenversicherung, die mir bis zum Abflug noch keine Bestätigung der Kostenübernahme gegeben hatten führten dann zu folgendem Ergebnis:

1.      Eine Übernahme der Flugkosten nach Deutschland führt dazu, dass es sich um eine Rückführung in das Heimatland handelt und ich damit aus dem Versicherungsvertrag heraus bin.

2.      Eine Übernahme der OP-Kosten in Deutschland kann erfolgen, allerdings nur diese und keine Taxikosten, keine weiteren Kosten.

3.      Eine Übernahme der kompletten Kosten, d.h. OP-Kosten, Überführungskosten, Betreuung während und nach der OP etc. hätte erfolgen können in jedem anderen Land, nur nicht in Deutschland.

Alles klar? Und somit bleibe ich auf sämtlichen Kosten außer den Arztkosten hängen.

Zum Glück hatte ich mal wieder Glück im Unglück, denn der Orthopäde in der Klinik sah sich die Bilder nochmals genau an und kam zu dem Ergebnis, dass die vom irakischen Arzt gesehene abgerissene Sehne die ist, die man bereits vor 4 Jahren nicht bekommen konnte. Hätte ein Arzt versucht diese zu bekommen hätte er meine Schulter soweit verschlechtert, dass an eine Weiterreise nicht mehr zu denken gewesen wäre. Die vordere Sehne ist angerissen, sowas operiert man nicht sondern behandelt es mit Schmerzmitteln und natürlich mit Physiotherapie. Die Übungen hierzu kannte ich schon, denn es sind dieselben, die ich damals auch machen musste. Vorbei ist die Schonhaltung, jetzt ist Sport angesagt. Ab zum Terraband und Gewichte kaufen und dann kann es losgehen. Ich erweiterte mein morgentliches Sportprogramm und konnte täglich feststellen, dass meine Schulter sich besser bewegen ließ. Da ich am 24.8. nochmals bis zum 5.9. nach Deutschland fliegen werde musste ich jetzt zusehen, dass ich wieder in den Irak komme. Denn die Krankenversicherung übernimmt Krankheitskosten als Auslandskrankenversicherung höchstens 6 Wochen im Jahr innerhalb Deutschlands. Bleibe ich länger muss ich mich wieder in Deutschland krankenversichern. Der Rückflug war für den 26.7. geplant und Mohamed kümmerte sich um ein Shuttleservice von Bagdad nach Babylon. Ich verbrachte noch einige schöne Tage in Deutschland mit meiner Familie und fuhr mit der Bahn zum Flughafen Düsseldorf. Geplant war der Abflug für 16.50 Uhr nach Istanbul und dann von Istanbul nach Bagdad mit 2 Stunden Aufenthalt in Istanbul. Am Schalter angekommen stand ich in der Warteschlange und bekam eine SMS mit der Mitteilung, dass der Flug ca. 2 Stunden Verspätung hat. Das Bodenpersonal wußte von nichts, nur die Fluggäste hatten wohl sämtlich die Infos erhalten. Damit war natürlich an meinen Anschlussflug nicht mehr zu denken. Ich begab mich zum angesagten Gate und wartete zusammen mit vielen anderen Fluggästen. Und weil es auf den Flughäfen keine Durchsagen mehr gibt – es sei denn, ein Fluggast wird vermißt – muss man ständig aufpassen was die anderen Fluggäste machen. Irgendwie bekam ich in einer Lesepause mit, dass neue Fluggäste kamen und alte das Gate verließen. Das kam mir komisch und ich begab mich zu einer Anzeigentafel die mir mitteilte, ich solle mich zum Gate C56 begeben – im Untergeschoss -. Hier gab es dann für jeden Fluggast einen Gutschein über 10 Euro. Damit kann man sich ein Getränk kaufen, eine Kleinigkeit zu essen und zahlt möglicherweise noch drauf. Denn ein Wasser kostet 4 Euro, ein belegtes Brötchen ab 7 Euro aufwärts. Ich holte mir eine Kleinigkeit und nach dem Essen ging ich zurück zum Gate C56, obwohl die Anzeigentafel mittlerweile keine Gatenummer mehr anzeigte, sondern mitteilte, dass der Flug dann morgen geht. Am Gate unten erfuhr ich, dass der Flug komplett gestrichen ist, wir unser Gepäck vom Gepäckband holen und uns zum Ticketschalter on Türkisch Airline begeben müssen. Klar, kein Problem. Machen wir doch. Ich war relativ schnell mit meiner Tasche am Schalter, so dass die Schlange vor mir nicht zu lang war. Schnell hatte man von TK mitgeteilt, dass alle Fluggäste mit Endziel Istanbul in das nahegelegene Maritim-Hotel gehen können und morgen einen entsprechenden Flug bekommen. Transferfluggäste mussten warten, so auch ich. Der beste Deal war dann Abflug Düsseldorf 10.40 Uhr, Ankunft 13.30 Uhr Istanbul, Abflug nach Bagdad 21.45 Uhr und Ankunft 0.40 Uhr. Na danke, für 6 Stunden 8 Stunden Wartezeit, und mein Shuttle sollte erst um 6.30 Uhr in Bagdad am Flughafen sein. Aber es gab keine andere Möglichkeit, also nimmt man was man bekommen kann. Ab zum Hotel, fußläufig zu erreichen da keine 100 m vom Ausgang des Flughafens entfernt, Abendessen mitnehmen, gut schlafen und dann noch ausgiebig Frühstücken. Ok, das Abendessen war nicht berauschend, klar ist ein Hotel natürlich nicht innerhalb von 2 Stunden in der Lage ein Buffet für 190 Menschen herzurichten. Dafür war das Frühstück dann ausgezeichnet. Die Flugzeiten wurden diesmal eingehalten und ich landete pünktlich in Bagdad, nachdem ich ca. 30 min. im Flugzeug schlafen konnte. Bei diesen Türkisch airline Flügen bekommt man jedesmal eine komplette Mahlzeit, und wenn man die gegessen hat ist mehr als die Hälfte der Flugzeit vorbei. Der Versuch, in Bagdad am Flughafen zu schlafen scheiterte dann ebenfalls aufgrund der Festtagsbeleuchtung, der ständigen Durchsagen und weil ich vor Müdigkeit fror. Mein Shuttletaxi kam pünktlich und wir fuhren zu Mohameds Familie, wo ich schon erwartet wurde mit Frühstück. Danach fuhren wir Lebensmittel einkaufen und zum KAT. Nach dem 6. Startversuch sprang der Motor an und ich konnte zu meinem Parkplatz unter den Bäumen am Museum zurückfahren. Ich war sehr erstaunt, dass das Fahren mit dem rechten Arm fast problemlos ging, obwohl ich bei vielen Bewegungen noch arge Schmerzen habe. Am Museum erkundigten sich alle sofort wie es mir ergangen ist und was meine Schulter macht. Ich darf hier noch ein paar Tage stehenbleiben, was mir sehr gelegen kommt. Denn in Bagdad sind die Temperaturen noch höher als hier und ich stehe hier unter Bäumen mit gelegentlichem Wind.




 

 

 

 

 

 Ich bedanke mich ausdrücklich bei dem Personal vom Museum, das sich so fürvorglich um mich gekümmert hat und noch weiter kümmert. Die Gastfreundschaft hier ist unglaublich, immer wieder werde ich gefragt, ob mir etwas fehlt, ob man mir helfen kann und ein Mitarbeiter sagte mir, ich könne auch in seinem Arbeitszimmer am Eingang der Ausgrabungsstätte schlafen, dort sei die Klimaanlage immer an. Besser geht es nicht, obwohl ich dieses Angebot ausgeschlagen habe, fühle ich mich doch in meinem Fahrzeug ganz wohl.

Und natürlich kam das nächste Problem, denn ohne kann man ja scheinbar nicht klarkommen. Denn der nächste Wasserfilter war undicht, das Gehäuse hatte einige Haarrisse und aus einem spritzte das Wasser. Ich hatte mir damals mehrere Filtergehäuse mitgenommen und konnte daher wechseln. Natürlich hat man nach der Geschichte die mir passiert ist Angst, dass das Gleiche nochmal passiert. Nur habe ich ohne den Wechsel des Gehäuses kein Wasser mehr zur Verfügung an den Wasserhähnen. Und das geht natürlich auch nicht. Ich habe die Arbeit dann auch ohne Hinfallen geschafft. Geht doch. Warum nicht immer so?

Jetzt genieße ich die Sonne, die Wärme (schließlich hatten wir in Deutschland Tiefstwerte 18 Grad und Regen tagsüber) und warte darauf, dass mein Chauffeur am 12.8. nach Bagdad kommt und mit mir zusammen den KAT nach Antalya bringt wo er in der zollfreien Zone steht bis ich aus Australien zurückkomme. So der Plan. Mal sehen, ob das alles so funktioniert wie ich mir das vorstelle. Ihr werdet es lesen können.

 

Nach dem Unfall und vor dem Abflug spazierte ich noch einige Male durch die Ruinen von Babylon, ich bin immer wieder fasziniert, eine Stadt, die in der Antike mehr als 200.000 Einwohner hatte, riesig in den Ausmassen und die Menschen lebten offensichtlich nicht schlecht wenn man sich mal ansieht, wie die Wohnhäuser gebaut waren.





Unter diesem Löwen liegt ein Mann





Das sind original-Inschriften aus der Antike